Monday, April 5, 2010

Besucher

Kuerzlich sass ich einem der besten Cafés Chennais, da ich mich mit den Teilnehmern fuer unser Chennai Expats Event (Chennai Expats “meet” Chennai Super Kings) zur feierlichen Ticketuebergabe treffen wollte. Dort hatte ich neben den erwarteten Besucher auch ein paar unerwartete und zudem noch unerwuenschte Besucher.

Ich bestellte einen Café Latte, ein Wasser und einen Waldorf Salat. Ploetzlich sah ich aus den Augenwinkeln, wie sich etwas am Rand des Tisches bewegte. Ich schaute nach, aber da ich nichts sah, muss es wohl ein Schatten oder aehnliches gewesen sein. Mein Salat kam und ich hatte gerade den ersten Bissen im Mund als eine Kakerlake unterm Tellerrand hervorguckte. Aha, der Schatten! Unaufaellig hatte sie sich vom Tischrand zum Tellerrand gepirscht. Sie muss meinen Blick gespuert haben, denn sie machte sofort kehrt und fluechtete. Es kann auch sein, dass der Salat nicht gut roch (war “nur” vegetarisch) und ihr zu langweilig war und sie sich auf die Suche nach etwas Besserem machte. Ich nahm meinen nun kakerlakenfreien Teller in die eine Hand, eine Serviette in die andere und fegte meinen Besucher mit Schutz durch die Serviette und mit Schwung vom Tisch. Sie kam allerdings sofort wieder und rannte am Tischbein hoch. Ich suchte das ganze Tischbein ab und auch die Tischplatte von unten, konnte das verfluchte Ding allerdings nicht finden. In der Hand hielt ich weiterhin meinen Teller.

Ich dachte mir, die wird schon wiederkommen, also rueckte ich mit meinem Stuhl ein wenig weg, immer noch mit dem Teller in der Hand. Es dauerte nicht lange, ich hatte noch nicht aufgegessen als mein Freundchen wieder da war. Sie lief ueber meinen Schreibblock und ausgerechnet auch noch ueber den Laptop. Ich musste an die vielen Krankheiten denken, die die Kakerlaken angeblich uebertragen und es schuettelte mich.

Wieder ein gezielter Griff zur Serviette - ich hatte ja nun schon Uebung - und mit einem grossen Wusch flog das Ding weg. Allerdings sah ich nicht, wo es diesmal landete. Mir bleibt schleierhaft, woher Kakerlaken diesen Sinn fuer Richtungen haben. Es dauerte keine fuenf Minuten und ich sah sie an meinem Stuhlbein entlang laufen. Ich stand also auf und prompt versteckte sich mein Besucher in den Ritzen des Sitzgestells. Ich drehte und wendete den Stuhl, ruettelte und schuettelte ihn, aber niemand war zu sehen. Ich sprach dann einen Kellner an, der den Stuhl einfach austauschte. Endlich, endlich!! hatte ich Ruhe vor meinem Freund.

Waehrend ich ass, schaute ich mich um und entdeckte die vielen steinernen Blumentoepfe, Rohre an der Wand, Ziegelsteine auf dem Boden an der Seite mit vielen kleinen Zwischenraeumen, Baeume und Straeucher und dachte mir, dass es hier bestimmt auch Ratten geben musste. Wie in meinem alten Apartment. Ratten lieben diese kleinen Verstecke und ihr koennt euch nicht vorstellen wie klein sich so eine fette Ratte durch scheinbar viel zu enge Schlitze pressen kann.

Kaum hatte ich meinen Gedanken zu Ende gedacht, sah ich eine Maus von einem Blumenbeet ins naechste huschen. Gott sei Dank war es nur eine Maus, kam es mir in den Sinn. Vielleicht war es auch eine Babyratte, ein Raettchen quasi. Wer weiss.

Ihr kennt doch sicherlich das Gefuehl, dass einem ueberall etwas kitzelt und krabbelt und man bei jedem Schatten, der vorueberhuscht, vermutet, dass es wieder Ungeziefer ist. Jeder dunkle Fleck ist ein potentieller Insektenfeind. Da hat sich was bewegt, oder? An meinem Arm war etwas, ein Luftzug am Ruecken. Nur ein Luftzug oder doch eine Kakerlake?! Ich sah einen Schatten am Baum und zuckte zusammen, erkannte jedoch, dass es nur ein Streifenhoernchen war, dass dann zur Wand sprang und an der Wand rechts von mir entlang lief. Das Café ist wie ein breiter Gang ueber den in Bogenform ein gruenes, festes Tuch gespannt ist, damit die Blatter von den Baeumen nicht ins Essen fallen. Es gibt auch ein paar Kokosnussbaeume und vielleicht ist es interessant fuer euch zu wissen, dass in Indien mehr Leute aufgrund einer heruntergefallenen Kokosnuss sterben als an einer Haiattacke.

Da sass ich also und beobachtete wie das Streifenhoernchen am gruenen Tuch entlang zur anderen Seite hangelte und auf die andere Seite auf die Oberseite kletterte, wo schon vier seiner Kollegen warteten. Die rutschten dann kollektiv, geschmeidig wie Echsen auf dem Tuch ueber mir entlang. Ich konnte von unten nur ihre Schatten sehen und fand das ein wenig gruselig, obwohl es nur kleine niedliche Streifenhoernchen waren, aber es waren fuenf, ein Bulk, der gemeinschaftlich uebers Parkett rutschte. Es war einfach nur gruselig anzusehen.

Fazit: Ich kann nie wieder in dieses Café gehen. Obwohl der Kellner sich anscheinend meine Kakerlakenbegegzu Herzen genommen hat und eine halbe Stunde spaeter ein Mitarbeiter in Kammerjaegerkluft Pestizide spruehte (obwohl andere ihr Essen und ihre Getraenke offen auf dem Tisch stehen hatten). Trotzdem kann ich nicht dorthin zurueckkehren. Bye, bye Café.. Es war eine schoene Zeit mit dir.

1 comment:

  1. Oh man, ich musste mich gleich kratzen. Furchtbar. Aber wie du mit der Serviette gekämpft hast, mutig mutig. ;) (Eine aufmerksame Leserin)

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