Thursday, September 23, 2010

Plus und Minus..

...oder auch Pro und Con, Auf und Ab, gute Zeiten - schechte Zeiten.. Die Autorin Elizabeth Gilbert, die das Buch "Eat Pray Love" schrieb, erinnert sich am Ende eines jeden Tages an ein besonders schönes Erlebnis und hält es am Ende des Tages schriftlich fest. Daran musste ich heut denken als ich auf dem Weg war, um mich mit unserem Mitarbeiter Mr. Shaktikumar zu treffen, um ein Apartment anzusehen. Ich ging eine Seitenstraße entlang, bei der Deepak mich gebeten hatte, dort schon 6 Uhr abends, wenn es langsam dunkel wird, nicht mehr langzulaufen. Es ist auch die Straße, die zu meinem Yogacenter führt. Nun, heut war es erst kurz nach 3, der Himmel strahlend blau und von Sonnenuntergang keine Spur, folglich dachte ich nicht daran einen großen Umweg zu laufen. Auf dem Weg kam mir eine Gruppe Schulkinder entgegen, die gerade auf dem Weg nach Hause waren. Schon von Weitem sahen sie mich und winkten und riefen "Hi". Als wir auf einer Höhe waren, streckten sie mir alle ihre kleinen braunen Hände entgegen und ich gab ihnen fleißig die Hand. Nach einem kurzen Schwatz auf Halb-Tamil und Halb-Englisch sagte ich "Bye" und ging weiter.

Das war sehr rührend, dachte ich. Alle diese kleinen strahlenden Kinder für die es ein Erlebnis ist, einer weißen Frau, die Hand zu schütteln. Sie waren wirklich goldig und ich dachte, dass ich dieses Erlebnis aufschreiben würde, wenn ich besondere Erlebnisse am Ende eines Tages festhalten würde.

Ein Junge hatte das mitangesehen und folgte mir als ich weiterging. Ich denke, er war zwischen 12 und 14, aber ich kann das bei den indischen Kindern und Jugendlichen immer schwer einschätzen, weil die Inder größtenteils eher kleiner und zierlicher gebaut sind als die Europäer. Er könnte also auch gut 15 oder 16 gewesen sein, aber keinesfalls älter. Nach ein paar Schritten rief er mir etwas hinterher. Ich hatte Kopfhörer im Ohr und tat als ob ich sein Rufen nicht hörte. Er lief etwas schneller und rief nochmal. Noch immer tat ich als ob ich nichts hören würde. Als er allerdings auf fast gleicher Höhe war, konnte ich ihn nicht mehr ignorieren. "Madam, Madam" rief er. Ich nahm höflich einen Kopfhörer aus dem Ohr (auch um zu betonen, dass ich vorher tatsächlich nichts gehört hatte) und schaute ihn fragend an. Er streckte mir seine Hand entgegen. 'Bist du nicht etwas alt, um mir auch die Hand geben zu wollen?', schoss es mir durch den Kopf. Hmm, naja, okay.. Ich gab ihm meine Hand und er war sofort einen Schritt näher an mir dran und legte mir seine linke Hand auf meinen Rücken. Das war zu viel! "No touching!", rief ich und schob ihn weg.

Ich stöpselte wieder mein beruhigerendes Hörbuch ein und ging weiter. Er kam mir langsam hinterher, dann wieder etwas schneller und letztlich war er wieder auf gleicher Höhe. "Madam, Madam", sagte er immer und immer wieder. Ich seufzte, stöpselte wieder aus und sah ihn grimmig an während ich weiter lief. Ich hörte nur die Worte: "Free massage.. evening.. today, Madam.. massage.. free." "NO, NO, NO, NO, NO!", antwortete ich und machte eine abwehrende Handbewegung. Ich war entsetzt und mir wurde schlecht. Warum, warum?!? Ich verstehe das nicht? Er folgte mir noch die letzten 500 Meter bis ich auf Mr. Shaktikumar traf und ließ dann von mir ab.

Wenn ich daran denke, hab ich immernoch ein beklemmendes Gefühl. Was denkt der sich eigentlich? Sind wir hier auf Goa oder was, wo die ausländischen Mädels oben ohne am Strand liegen und sich von den indischen Jungs für ausgesprochen viel Geld massieren lassen? Es war hellichter Tag, es war eine belebte Straße, ich trug ein indisches Outfit durch und durch. Eine lange Kurta, indische Schuhe, indischer Armreifen... Nun gut, so sehr ich es auch versuche, ich werde wohl kaum als Inderin durchgehen. Was hat diesen Jungen dazu veranlasst, mir seine ekligen Dienste aufschwatzen zu wollen.

Ich versuche an die herzlichen, lachenden Kinder zu denken, aber sobald ich an ihre kleine Hände denke, schiebt sich die Hand vom "Masseur" dazwischen und macht mir mein besonderes Erlebnis kaputt.

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